Netzwerk-Apéro WAS Ausgleichskasse Luzern

Das Sozialversicherungs-Labyrinth - Wie viel Platz haben Sonderregelungen in der Massenverwaltung?

Was die Politik an AHV-Individualisierung eröffnet, vergrössert den Beratungsaufwand der Ausgleichkassen. Die Gäste begrüsste Alt Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler, Präsidentin Luzerner Forum. In das Thema ein führte Alain Rogger, Leiter WAS Ausgleichskasse Luzern. Die enorme Komplexität veranschaulichte mit Beispielen Thomas Mollet, Bereichsleiter WAS Ausgleichskasse Luzern. Einen Einblick in die politische Perspektive gab Ständerat Damian Müller, FDP Luzern. Und die Diskussion führte Hannes Blatter, Luzerner Forum. Fazit: Eine eindeutige Antwort auf die Frage gibt es nicht; ausser: Sonderregelungen sind durchaus berechtigt. Wie jedoch sie zu handhaben sind, bleibt – durchaus komplexe – Aufgabe der Ausgleichskassen.

Netzwerk-Apéro WAS Ausgleichskasse Luzern

Bei hohen Temperaturen haben sich etwa 80 Kadermitarbeitende der Mitgliedsorganisationen des Luzerner Forums im angemessen gekühlten Marianischen Saal in Luzern getroffen. Viele kamen bereits einige Zeit vor Beginn, und so durfte Ida Glanzmann-Hunkeler, Alt Nationalrätin und Präsidentin Luzerner Forum, einige Diskussionen unterbrechen, als sie um 17:30 Uhr zum offiziellen Teil begrüsste.

Sie begrüsste mit einem Geständnis, eines, das bereits im Kern zeigte, worum es an diesem Abend ging, nämlich um die Komplexität um die AHV: «Ich wusste nicht, dass man sich anmelden muss», sagte sie als Pensionärin, «aber mittlerweile erhalte ich die Rente.» Selbst elementares Wissen sei nicht unbedingt verbreitet: «Wissen um die AHV ist schwierig, man erhält es zufällig und viele Leute sind sicher überfordert», so Ida Glanzmann-Hunkeler, bevor sie einen spannenden Abend wünschte und das Wort an Alain Rogger gab.

Wer hat’s erfunden?

Das fragte in seiner Einführung Alain Rogger, Leiter WAS Ausgleichskasse Luzern und Vizepräsident Luzerner Forum. Erfunden habe es durchaus nicht die heutige Verwaltung, nicht die heutige Politik. König Dädalus, damals auf Kreta, habe eines der ersten Labyrinthe erstellt, für den Minotaurus. Dieser Bestie, im Labyrinthe lebend, mussten regelmässig Athener geopfert werden. Bis Theseus dank einer Idee von Ariadne wieder herausfand.

«Es geht darum, den Ariadnefaden aus dem Labyrinth zu finden. Finden wir ihn?», so Alain Rogger. Das ist keine rhetorisch Frage, denn: «Es gibt immer mehr Sonderregelungen, immer komplexere Gesetze. Der Mehraufwand ist dadurch in der Beratung enorm.» Das erhöht auch die Anforderungen, und zwar nicht nur für die Verwaltung: «Das Sozialversicherungsrecht ist sehr komplex. Für alle: die Mitarbeitenden — und die BürgerInnen.»

Mehr Komplexität, mehr Beratung

Das Ziel bleibe natürlich, die Armut zu bekämpfen, insbesondere die Altersarmut. Umgesetzt wird das durch die Ausgleichskasse. Die Abklärungen und Renten betreffen eine grosse Menge an Personen, man darf von Massenverwaltung sprechen. Dazu kommen immer mehr Sonderregelungen und Gesetze, die immer komplexer werden. Der Mehraufwand in der Beratung steigt enorm.

Labyrinth-Beispiele

Anschliessend zeigte Thomas Mollet, Bereichsleiter bei WAS Ausgleichskasse Luzern, einige Beispiele, die die Komplexität des Sozialversicherungs-Labyrinth veranschaulichen. Auch er sagte klar: «Je komplizierter die Gesetze, desto schwieriger wird es bei uns in der Umsetzung.»

Pro Jahr gebe es etwa 5'000 AHV-Anmeldungen im Kanton Luzern, und die seien nach drei unterschiedlichen Rechtslagen zu führen, je nach AHV-Revisionsdatum. Dazu komme, dass den BürgerInnen oft sogar Basiswissen fehle: «Viele wissen nicht einmal, welche Anmeldung sie ausfüllen müssen.» Wenn sie denn überhaupt wissen, dass man sich anmelden muss, wie Ida Glanzmann-Hunkeler in ihrer Begrüssung gesagt hatte.

Eines der vielen Beispiele, die Thomas Mollet mit Eloquenz und Leidenschaft vortrug, betraf ein Ehepaar um die 50, das gerne wüsste, wie viel man denn an Rente erhalten werde; beide würden 80% arbeiten: «Allein die Anzahl Varianten, wenn ein Ehepaar die Rente vorausberechnet haben will. Sagen wir mit 12, 24 oder 36 Monaten Frühpensionierung. Und doch noch Teilzeitarbeit? 60%, 40%?» Dazu kämen noch viele weitere Wahlmöglichkeiten, auch rechtliche Vorgaben, wie Ausgleichsmassnahmen für Frauen der Übergangsgeneration 1961-1969, flexibler Altersrücktritt, Anreize für Fortsetzung der Erwerbstätigkeit nach 65.

Detailanliegen aufnehmen

Zur Perspektive der Politik sprach Damian Müller, FDP-Ständerat und WAS-Verwaltungsrat. Er zeigte den Aushandlungsprozess auf, wie es zu einem neuen Gesetz kommt – zwischen Bundesrat und Verwaltung, National- und Ständerat sowie den Pressure-Groups bzw. NGOs, die sich ebenfalls für ihre Interessen einsetzen: «Es gibt viele Detailanliegen. Die sind berechtigt und wir akzeptieren sie. Wir sind uns im Parlament aber nicht bewusst, was für Auswirkungen sie auf die Abläufe haben.» Bei all diesen Aushandlungsprozessen geht es auch um den zeitlichen Faktor: «Das Parlament braucht auch Druck, um Reformen zeitgerecht umzusetzen.»

In der Diskussion greift Hannes Blatter, Geschäftsführer Luzerner Forum, die Themen auf und richtet auf sympathisch-provokative Art die eine und andere Frage an die Referenten – zum Beispiel: Wer könnte sie sonst machen, diese Organisation der Massenverwaltung? Gibt es da Gedanken? Dann lud er zum Apéro riche in den Lichthof. Man leistete gerne Folge, angeregt weiter diskutierend.

Auch dieser Netzwerk-Apéro war eine exklusive Veranstaltung für die Kader der Träger-, Förder- und Partnerorganisationen des Luzerner Forums.

Photos der Veranstaltung

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Video der Veranstaltung

Hier finden Sie das Video der Veranstaltung.

Übersicht

Datum und Zeit

Dienstag, 18. Juni 2024
17.30 bis 18.30 Uhr mit anschliessendem Apéro riche

Referentinnen und Referenten

Veranstaltungsort

Marianischer Saal
Bahnhofstrasse 18
6003 Luzern

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